Bericht der NORDDEUTSCHEN zur Pappbootregatta 2017

Antriebswelle mit Orientierungsproblemen

von BARBARA WENKE

A&R-Auszubildende fahren vor 3500 Zuschauern im Stechen der Pappbootregatta zum Sieg

Die „Nautilus“ des SchulzentrumsVegesack (oben) erhält den Kreativpreis

Vegesack. Der Wettergott meint es gut mit dem MTV Nautilus. Die Sonne strahlt vom Himmel. Auf dem Wasser herrscht Windstille. Ideale Bedingungen, um die 15 angemeldeten Schwimmkörper aus Papier, Pappe und Kleber in die Rennen der sechsten Pappbootregatta im „Museumshaven“ zu schicken. Die Wege rund um den Hafen sind mit Schaulustigen gefüllt. Über den Tag verteilt sind es wohl 3500. Insbesondere die Plätze auf der Brücke sind heiß begehrt und früh vergeben. Doch auch von den Längsseiten lassen sich die spaßigen Wettfahrten zu Wasser gut verfolgen.

Während die Teams der Oberschulen an der Eggestedter Straße und Lesum ihre Stechpaddel in Position bringen, hocken Christin Zurbel und Philip Haberer vor ihrem Boot „Supermario“. Für das Geschehen auf dem Wasser haben die Mitglieder des Teams vom SSD-Shop vor dem eigenen Start keine Augen. „Ruhig bleiben“, lautet Philip Haberers Devise. Haberer und seine Kollegen, zu denen auch noch Robert Große und Sergej Vojnarovski gehören, haben sich auf den letzten Drücker für die Regatta angemeldet. „Das Boot ist erst vor zwei Tagen fertig geworden“, erzählt Robert Große. Sie handeln nach dem olympischen Gedanken: Dabei sein ist alles. Ihr Ziel lautet: ankommen.

Derweil schickt Moderator Ansgar Langhorst die ersten beiden Teams ins Rennen. Mit kräftigen Paddelstichen bewegen sich die Schüler mit ihren schwankenden Untersetzern auf die Bojen zu. Nachdem sie diese umrundet haben, lenken die Skipper ihre Boote zurück zum Startpunkt, der gleichzeitig das Ziel ist.

Lauter als Moderator Langhorst feuert vermutlich nur Stefan Bialek die Lesumer „Jelly Fish“ auf den letzten Metern an. An Bord sitzt Bialeks Neffe Dario. Doch alles Daumendrücken und Rufen hilft nichts. Die schwarze „Jelly Fish“ kommt einige Sekunden nach der „Anna Egge“ ins Ziel. Dabei hatten Stefan Bialek und sein Neffe vor zwei Wochen auf dem Grambker Sportparksee eigens noch das Anpaddeln geübt.

Nach nur einem Meter gekentert

Für Heiterkeit sorgt die Besatzung der „Arche 2.0“. Kaum gestartet ist das Rennen für sie auch schon wieder vorbei, denn das Boot kentert nach nur einem Meter. Bei der Vorstellung der Teams auf der Bühne hatte Teamkapitän Frank Damerow noch gesagt: „Vielleicht kippen wir um. Wenn nicht, gewinnen wir.“ Nun sind sie also gekippt. Die Paddler nehmen das Missgeschick mit Humor, geben nicht auf und legen die Strecke samt Boot schwimmend zurück.

Unglaublich schnell schießt anschließend die „Antriebswelle“ durch den Hafen. Die Auszubildenden der Lemwerderaner Werft Abeking & Rasmussen absolvieren die Strecke in unglaublichen 43 Sekunden. Allerdings umrunden sie die Wendemarke gegen den Uhrzeigersinn, also in die falsche Richtung. Getuschel unter den Schaulustigen. Ein Ausschlusskriterium? Viele Zuschauer freuen sich, als die Jury dem Team anbietet, ein Stechen gegen das zweitschnellste Team zu absolvieren. Die Auszubildenden der Lürssen-Werft, die mit ihrer Haifischadaption „Große Klappe“ in 48 Sekunden das zweite Abeking & Rasmussen Boot „Spant 13“ knapp hinter sich gelassen hatten, willigen ein.

Für Staunen sorgen aber erst einmal die Teilnehmer der Kategorie Kreativität. „Die Inklusiven“ vom Freizeittreff Friedehorst haben ihrem Schwimmkörper des vergangenen Jahres eine Meerjungfrau angebaut. Gleich fünf Paddlerinnen nehmen in dem hellblauen Pappboot mit der Galionsfigur „Leandra“ Platz. Sie treten gegen das U-Boot „Nautilus“ des Schulzentrums Vegesack an. 2016 hatten die Vegesacker während der Regatta den längsten Untergang eines Pappbootes gezeigt, weshalb sie in diesem Jahr lieber gleich ein U-Boot schufen.

Die Jury attestiert den Vegesackern, 2017 die Kreativsten gewesen zu sein. „Bei der Präsentation der ,Nautilus‘ stimmt alles, inklusive Kostümen und Musik“, schwärmt Jurymitglied Anne Köhler. Einen Sonderpreis vergeben die vier Jurymitglieder an die „MS Tom Sawyer“ der „Abenteurer vom Martinshof“. Anne Köhler bedauert, dass sie den Raddampfer aufgrund eines laut Reglement unzulässigen Antriebs nicht regulär bewerten durften.

Von den Rängen verfolgen Astrid Möllmann und Stefan Schulze das Geschehen. Die Vegesacker kommen immer wieder gerne zur Pappbootregatta. „Die Atmosphäre ist immer toll“, sagt Astrid Möllmann. Ihr Mann hat bei diesem Regattabesuch noch einen Hintergedanken. „Ich bin Grundschullehrer und hole mit Anregungen für den Unterricht.“ Nachdem die kreativen Teilnehmer ihre Rennen beenden, gehen noch einmal die Werft-Azubis an den Start. Dieses Mal umrundet die „Antriebswelle“ die Boje in der richtigen Richtung und setzt sich erneut vor Lürssens „Großes Maul“.

Parallel zur Regatta unterhalten die Gruppen Tús Nua und Nobody Knows die Zuschauer mit handgemachtem Irish Folk. Drei Tage lang fand direkt am Museumshaven zum fünften Mal ein Irish-Folk-Festival statt.

 

Das Schulzentrum Vegesack hatte gleich zwei Boote am Start.