Vegesack. „Mint“ steht für Mathe, Informatik, Naturwissenschaften und Technik und damit für die Berufe, in denen absehbar die meisten Fachkräfte fehlen. „Mint“ heißt aber auch das Programm, mit dem das Schulzentrum Vegesack Oberschüler aus dem gesamten Norden fit in diesen Fächern macht. Der Europaabgeordnete Joachim Schuster (SPD) nutzte jetzt einen Schulbesuch, um sich über den Stand der EU-Förde- rung und die Schule insgesamt zu informieren.

Schulleiter Peter Kaus beschreibt zunächst seine Schule, ehe es um Einzelheiten geht. Die Schule wurde 1934 gegründet, den letzten Anbau gab es in den 1980-er Jahren. Inzwischen komme man auf 870 Schüler. Kaus hätte gerne eine Mensa, eine Aula und bessere Aufenthaltsmöglichkeiten.

SHK – Sanitär, Heizung, Klima lehrt die Vegesacker Schule im Dualen System und bildet auch noch Elektroniker für Energie und Gebäudetechnik aus. Kaus: „Das sind florierende Ausbildungsberufe. An fast allen Autos der Betriebe finden sie inzwischen den Aufkleber: Kollege gesucht.“

Dazu hat die Schule zusätzlich noch acht Klassen mit unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen: „Das sind mitunter echte Alphabetisie- rungskurse für Menschen aus 17 Nationen.“ Nach dem reinen Sprach- kursus im ersten Jahr versuche man mit ihnen im zweiten Jahr an die Berufsvorbereitung zu gehen. Kaus: „Wenn jemand gerade mal zwei Jahre hier ist, lassen sie den auf Deutsch einmal Begriffe wie den „hydraulischen Abgleich“ erklären. Aber so etwas steht eben in der Aus- bildung auf dem Lehrplan.“ Inzwischen versucht die Schule, die jungen Menschen nach ihren Begabungen und Vorerfahrungen zu fördern.

Das gilt im Prinzip auch für die deutschen Schüler. Im kommenden Jahr kommt die Schule auf 58 Berufsvorbereitungsklassen. Es geht dar- um, die jungen Leute fit für einen Job zu machen. Kaus: „Grundsätzlich denken wir hier bei unserer Arbeit nicht in Abschlüssen, sondern in Anschlüssen. Wir wollen, dass für unsere Schüler der Weg weiter geht.“ Werkschule für Menschen mit geistigen und körperlichen Ein- schränkungen ist das Schulzentrum außerdem noch.

Komplizierte Abläufe

Dann gibt es noch den Kurskatalog „Mint“ für die Oberschulen der Re- gion. „Mint“-Projektleiterin Gabriele Breuer erläutert: „Schüler der Oberschulen können sich während der achten Klasse für die „Mint“- Kurse anmelden und kommen dann in der neunten und zehnten Klasse für drei bis vier Unterrichtsstunden pro Woche in unsere Schule.“

Am Vegesacker Schulzentrum der Sekundarstufe II stehen 19 verschie- dene Angebote im Katalog: „Haustechnik und erneuerbare Energien I“, Angebote rund um Informatik oder auch „Mint4girls – Design und Ge- staltung“, Metallbearbeitung für Mädchen. Breuer: „Das klappte mit der Anwahl, als wir es umbenannt hatten in Schmuckdesign. Da geht es um Dinge wie Lasercutting oder Plasmaschneiden.“

Für die „Mint“-Programme verließ sich die Schule auf Fördergeld aus dem Europäischen Sozialfond ESF. Über 20 000 Euro für Geräte finan- zierte die Schule aus dem eigenen Etat erst einmal vor, damit es losge- hen konnte. Gabriele Breuer hat zwei dicke Aktenordner mitgebracht: Alles ESF-Korrespondenz und Antragsbürokratie. Breuer: „Gefühlt alle zwei Monate musste man neue Anträge schreiben, Bescheinigungen beibringen, Spezifikationen und Anwesenheitslisten auch für die Feri- enzeiten einreichen.“ Das Geld kam nie.

Schulleiter Kaus pflichtet seiner Kollegin bei: „Wir sind hier keine Ver- waltungsfachbeamten, sondern Lehrkräfte und Pädagogen. Was da ab- verlangt wird rund um einen ESF-Antrag, ist in der Praxis einer Schule so nicht zu leisten.“ Gabriele Breuer bringt es auf den Punkt: „Wir ha- ben beschlossen, Mint lieber langsamer zu entwickeln als uns noch einmal auf solch eine Prozedur um europäisches Geld einzulassen.“

Joachim Schuster hat lange zugehört und stimmt zu, was den Aufwand für solche Anträge angeht. Ein großer Teil der Kosten werde in Verwal- tungen erzeugt. Immer wieder beauftragten die Parlamentarier die EU- Verwaltung, die Abläufe zu vereinfachen: „Meistens wird es dann kurz darauf noch komplizierter,“ so Schuster.

Seiner Erfahrung nach wird das konkrete Projekt aber auch noch durch die speziellen Bremer Verhältnisse kompliziert. Da sei einmal das Ar- beitsressort zuständig und dann natürlich auch noch Bildung und obendrauf auch noch Finanzen. Joachim Schuster: „Das Problem ist vielschichtig und hat gar nicht so viel mit Brüssel zu tun. Gleichwohl gebe ich Ihnen recht, dass es so unbefriedigend ist.“ Es folgt ein Schulrundgang durch Klassenräume und Werkstätten.

Wenn man schon einen EU-Parlamentarier da hat, der hautnah den Auszug der Briten aus der EU miterlebt, ist das auch ein Gesprächsthe- ma: „Viele der britischen Abgeordneten sind tieftraurig, gerade in un- serer Fraktion,“ erzählt Schuster. Die Parlamentarier der EU-feindli- chen Ukip-Partei der Briten hingegen machten schlicht gar nichts – außer über das Parlament und seine Arbeit zu lästern.

„Wir haben in der EU einen Haushalt, der mit den Stimmen der Briten schon bis 2020 verabschiedet ist. Einige der finanziellen Vorverpflich- tungen auch der Briten und aller anderen Länder laufen sogar bis 2023,“ sagt Schuster. Der Brexit werde die Briten viel Geld kosten. Sie werden seiner Ansicht nach zahlen müssen, ohne dass sie noch mitbestimmen können.